Kultur und Professionalisierung

Soziokultur zwischen gesellschaftlichem Auftrag und Markt

 

Vortrag auf dem 3. Sächsischen Fachtag Soziokultur am 29.11.2012

Prof. Dr. Dieter Haselbach
apl. Professor für Soziologie an der Universität Marburg;
Senior Consultant, Integrated Consulting Group (Berlin)Bild: Prof. Dr. Dieter Haselbach

 

Gliederung

  • Unterscheidung zwischen der Wirtschaft und dem Wirtschaften
  • Professionsbegriff soziologisch
  • Was heißt das für Soziokultur?
  • kulturpolitische Einordnung

 

Markt und Kunst

Einer weitverbreiteten Meinung zufolge darf Kunst und Kultur mit Geld und Markt nichts zu tun haben. „Kunst muss von wirtschaftlichen Interessen frei bleiben." – „Kunst wird kompromittiert, wenn sie sich auf die Wirtschaft einlässt." – „Kunst ist eine Gegenwelt zur Wirtschaft. Das muss auch so bleiben." – Kurz gesagt, als Botschaft an die Kulturpolitik: „Gern nehmen wir das Geld. Aber bitte ohne Markt."
Im Widerspruch dazu liegt die Bewunderung für erfolgreiche Künstler oder der auch die jährlichen Rituale der Verteilung von Haushaltsmitteln, wo die Kultur immer meint, zu kurz zu kommen. – Nichts mit der Wirtschaft zu tun haben zu wollen, widerspricht offensichtlich nicht dem Bedarf an einem Anteil an öffentlichem Geld, es geht insgesamt um fast 10 Mrd. Euro pro Jahr.
Das Ganze geht auf eine begriffliche Unschärfe zurück und diese Unschärfe ist durch starke Interessen gestützt: Zusammengeworfen werden hier

  1. eine diskutierenswerte Einlassung, dass künstlerische und kulturelle Unternehmungen nicht durchgängig dem Sektor der Erwerbswirtschaft zuzurechnen sind (das gilt zumindest für einige öffentliche Veranstaltungen und Unternehmungen, aber keinesfalls für den ganzen Sektor – Kulturwirtschaft) und

  2. die schwer zu begründende Einlassung, dass solche Betriebe nicht wirtschaften müssen (so die Vorstellung, künstlerische Aussagen dürften eben durch Kostenerwägungen keinesfalls kompromittiert werden).

Man kann natürlich sagen, dass viele kulturelle Aktivitäten keine erwerbswirtschaftliche Absicht verfolgen. Im Mittelpunkt künstlerischer Arbeit steht eine Orientierung am Inhalt. Das setzt sie in Gegensatz zu erwerbswirtschaftlichen Aktivitäten.
Aber es ist nicht sinnvoll zu sagen, dass künstlerische oder kulturelle Arbeit vom Diktat der Knappheit vollkommen enthoben ist, dass sie nicht wirtschaften muss, sich damit auseinandersetzen, dass Ressourcen endlich sind und dass Wünsche und Begehren nicht begrenzt zu sein scheinen.
Der Unterschied zwischen erwerbswirtschaftlichen Zielen auf der einen Seite und einem auf die Endlichkeit von Ressourcen – auch von Geld – gerichteten Modus auf der anderen ist leicht nachvollziehbar. Er spielt aber in einer kulturpolitischen Diskussion, die von antikapitalistischem Furor geprägt ist, leider keine Rolle. Macht man diese Unterscheidung nicht, kann mit Verweis auf die nicht vorrangig erwerbswirtschaftlichen Ziele von Kunst und Kultur dann gleich auch darauf jede Sorgfalt entsorgt werden, mit zugewiesenen öffentlichen Mitteln sorgfältig umzugehen. Oder, wie dies ein großer deutscher Theatermann ausdrückte: „Solange ich hier Intendant bin, bestimme ich, aus welchem Fenster das Geld herausgeschmissen wird.").

Dies ist eine erste Unterscheidung, die vielleicht wichtig ist für eine Auseinandersetzung mit Professionalisierung in der Kultur im Allgemeinen und der Soziokultur im Besonderen. Es mag vorerst offen bleiben, ob soziokulturelle Einrichtungen Wirtschaftsbetriebe im erwerbswirtschaftlichen Sinn sind. Aber: sie müssen wirtschaften. Ein erstes Kriterium für Professionalität ist, dass effektiv und effizient – und angesichts der kommenden Knappheiten im öffentlichen Bereich – auch suffizient gewirtschaftet wird, auch dort, wo der Inhalt künstlerisch-kulturell, also möglicherweise nicht erwerbswirtschaftlich ausgerichtet ist.

 

Professionalisierung

Was genau ist Professionalisierung? Im Wort steckt die Profession, der Beruf. Im deutschen Wort Beruf steckt die Berufung, die Hingebung an eine bestimmte Aufgabe.

Professionalisierung kann

  1. der Prozess der Verberuflichung einer Tätigkeit sein, die vorher nicht als Beruf, sondern auf eine andere Weise erbracht wurde (Beispiel aus dem medizinischen System: Der Prozess vom Kurpfuscher zum ärztlichen Beruf) oder

  2. die Anerkennung und der Schutz eines – normalerweise - akademischen Berufs durch den Staat, des Berufszugangs und einiger wirtschaftlicher Belange (staatliche Anerkennung der ärztlichen Approbation, Schutz des Architektenberufs durch Kammern, Privilegierung der „freien Berufe" im Steuerrecht etc.) oder aber

  3. die Durchsetzung einer innerberuflichen Eigenlogik, meist in Verbindung mit der staatlichen Anerkennung und dem staatlichen Schutz der Profession (Beispiel hier wäre die unbedingte ärztliche Autorität in fachlichen Entscheidungen, jenseits der wirtschaftlichen Logik des öffentlichen Gesundheitssystems: Hier sind die Ärzte deutlich weiter als etwa Theaterintendanten (die keiner Profession angehören), die ähnliche Ansprüche formulieren, aber eben nicht über das professionsgestützte Durchsetzungsvermögen verfügen).

In der Soziokultur kann es – im Sinne des geschilderten Begriffsinhalts – nur um die eine abgeschwächte Form der Professionalisierung gehen: Es ist nicht absehbar, dass es eine eigene staatlich gestützte Professionsordnung für die Leitung soziokultureller Einrichtungen geben wird. Es muss also darüber gesprochen werden, ob es im Sinne eines Übergangs zu einem eindeutigen Berufsbild „Soziokultur" eine „Verberuflichung" gibt und ob dies wünschenswert wäre, ob es für soziokulturelle Arbeit einen geordneten Berufszugang und Mindestvoraussetzungen für Führungsstellen in der Soziokultur gibt und ob dieses Bild mit Fördergebern abgestimmt werden muss. Zudem muss man sich darüber klar werden, welche professionsinterne Eigenlogik denn für die Soziokultur gelten soll und ob es überhaupt eine solche Eigenlogik gibt?
Gerade die letzte Frage rührt an das Selbstverständnis der Soziokultur – hier möchte ich ansetzen.

 

Programm von Soziokultur

Wieder die ärztliche Eigenlogik: ein gemeinsamer Begriff von Krankheit wird verteidigt und monopolisiert. Dadurch wird eine Abgrenzung nach innen (Ausscheidung von ungeliebten Behandlungsmethoden, „Quacksalber und Heilpraktiker") und nach außen (Regelung des Berufszugangs) gleistet. Das lässt sich so auf die Soziokultur nicht übertragen.
Die Soziokultur im Osten und Westen kommen aus unterschiedlichen Erfahrungshintergründen. Das ist schon mehrfach auf der Tagung angesprochen worden. Berichtet Albrecht Göschel von der Herkunft der Soziokultur aus den gesellschaftspolitischen Planungen der 60er Jahre, so ist meine Generationserfahrung, dass Soziokultur sich im Westen aus den gegenkulturellen Bewegungen der frühen 70er herauskristallisierte. Diese gegenkulturelle Herkunft ist im Westen bis heute zu spüren, allerdings hat inzwischen die Eingemeindung in den Mainstream stattgefunden. In Hamburg ist es beispielsweise ein unstrittiges kulturpolitisches Ziel, eine soziokulturelle Herkunft zu haben. Auch gibt es im Westen noch deutliche Spuren im Finanzierungsmix für Soziokultur. Zudem ist paradoxerweise seit dem Wegfall der gegenkulturellen Impulse eine nicht zu übersehende kommerzielle Entwicklung in einigen soziokulturellen Einrichtungen festzustellen.
Im Osten ist es ganz anders. Hier gab es zwar durchaus auch oppositionelle Impulse, aber mehr als 20 Jahre später als im Westen und aus einem anderen Hintergrund.
In der DDR spielte die Tradition der Breitenkulturarbeit sowie die Friedensbewegung eine Rolle, also das Verständnis des Sozialen im Sinne der Breite, des Bevölkerungsbezugs, der Bildung, nicht der Gegenkultur. Hier fehlte und fehlt der antikapitalistische Furor und es fehlt auch die Opposition zu den Institutionen. Dementsprechend entwickelte sich die Soziokultur im Konsens mit der staatlichen Kulturförderung und nicht gegen sie und es gab weniger kommerzielle Antriebe und Notwendigkeiten.
Besonders in Sachsen werden diese Hintergründe sehr deutlich. Der „Kriterienkatalog Soziokultur" des Verbandes von 2007 zeigt, dass Soziokultur hier eben nicht aus einer identitätsprägenden gegenkulturellen Geschichte, sondern pragmatisch als ein gesellschaftspolitischer Aufgabenkatalog diskutiert wird und dass Inhalte im Vordergrund stehen, weswegen auch nicht im selben Maß die Gefahr besteht, dass Opposition und Kommerz sich die Hand reichen. Auch wenn der Kriterienkatalog keine abschließende Definition von Soziokultur wagt: soziokulturelle Inhalte der kulturellen Jugend- und Breitenarbeit stehen im Kern des Selbstverständnisses. Da geht es vor allem darum, den Menschen in den jeweiligen Arbeitsgebieten ein Angebot zu machen, selbst kulturell aktiv zu werden. Und entsprechend geht es nicht darum, sich gegen die großen kulturellen Institute und gegen die „staatliche Kulturpolitik" zu profilieren, sondern im Konzert der geförderten Kultur eine eigene Aufgabe wahrzunehmen. Die Eigenlogik der Soziokultur Ost hat so – wenn man so möchte – eine deutlich inhaltliche Ausrichtung.

 

Professionalisierung und Management

Sicherlich kann man Dinge immer besser machen. Das ist eine wesentliche Aufgabe von Management: Den Betrieb, seine Abläufe, seine Mitarbeiter, so zu führen, dass sie ihre Aufgabe gut, möglichst immer besser erfüllen. Management setzt Ziele voraus, sonst hängt es in der Luft. In der Kultur und in der Soziokultur, das haben wir schon gesehen, sind Ziele nicht so leicht zu formulieren wie in Betrieben, die mit privatem Kapital auf Märkten operieren. Ganz idealtypisch gesprochen, haben Wirtschaftsbetriebe als Ziel an erster Stelle das Überleben, die Erhaltung und möglichst Vermehrung des Kapitals, eine entsprechende Verzinsung. Alle anderen Ziele sind hiervon abzuleiten. Sei dies ein Angebot an Kunden, was diese Kunden zufrieden macht, dies zu Preisen, die den Betrieb nicht gefährden, aber die Kunden an Bord hält. Sei dies die Führung von Mitarbeitern in einer Weise, dass sie gut und innovativ für die Kunden arbeiten. Sei dies die Organisation von Strukturen und Prozessen, die den Betrieb leistungsfähig und geschmeidig halten. Sei dies eine Kommunikation, die den Kunden das nahebringt, was man anzubieten hat. All dies steht unter dem obersten Ziel der Verwertung des Kapitals und gibt dem Management eine Richtung.

Anders in soziokulturellen Betrieben. Hier sind die Ziele unmittelbar inhaltlich und eben nicht in letzter Instanz an der Verwertung des eingesetzten Kapitals aufgehängt. Auch das bedeutet die Kunden zufrieden zu machen, den Mitarbeitern eine gute und leistungsfördernde Umgebung zu schaffen, Strukturen und Prozesse sicherzustellen, die schlank und leistungsgerecht sind und schließlich eine Kommunikation zu organisieren, dass die Kunden auch das finden, wofür der soziokulturelle Betrieb steht. Der letzte Anker für diesen Zielkatalog sind – siehe Kriterienkatalog – Ethos und ein Selbstverständnis der soziokulturellen Aufgabe, fixiert in den bürgerschaftlichen Trägerstrukturen der soziokulturellen Einrichtung und – wo er formuliert ist – der öffentliche Auftrag.

Wie Management in der Kultur funktionieren soll, das ist in den letzten Jahren selbst einer rasanten Entwicklung unterworfen. Es gibt inzwischen in Deutschland überall Studiengänge in „Kulturmanagement", auch in Dresden und Leipzig. Es gibt Berufsverbände. Es entwickeln sich langsam Standards heraus, wie in der Kultur gemanagt werden soll und was die besonderen fachlichen Anforderungen an Kulturmanagement sind.

Wie oft in der Managementlehre allerdings fehlt auch in diesen Diskussionen meines Erachtens manchmal eine Offenheit auf gesellschaftliche und politische Prozesse, es fehlt eine sozialwissenschaftliche Verankerung und eine „politischen Ökonomie" der Kultur und der Kulturförderung.
Es sei auch gesagt, dass die Absolventenzahlen im Kulturmanagement mich mit Sorge erfüllen, was die berufliche Vermittelbarkeit in diesem sehr speziellen Teilbereich der Managementlehre ausmacht. Wie viele Kulturmanager braucht die Republik?
Entscheidend ist aber die Frage, ob jedes soziokulturelle Zentrum und jedes Projekt zukünftig eine akademisch ausgebildete Kulturmanagerin an der Spitze des Betriebs braucht, ob eine solche Akademisierung und – wenn man das so will – Professionalisierung des Managements wirklich bei der Erfüllung soziokultureller Ziele hilft (denn das ist ja der Zweck der Betriebe).
Ich denke, diese Frage sollte in den Projekten bzw. soziokulturellen Einrichtungen jeweils einzeln gestellt werden. Liegen die Anforderung seitens des Betriebs und seitens der Fördergeber so, dass eine solche Führungskraft gebraucht wird? Lässt sich die Qualifikation auch durch Weiterbildung erreichen, aus dem bürgerschaftlichen Engagement heraus entwickeln? Sind akademisch ausgebildete Kulturmanager die besseren Kulturmanager vor Ort?

 

Professionalitätskriterien des Verbandes

Ich nehme einmal eine typische Liste, unter der Professionalisierung in der Soziokultur diskutiert wird. Ich habe sie im Internet gefunden.

  • Vorhalten einer ÖA-Stelle
  • Vorhalten einer Buchhaltungsstelle
  • GF als Hauptamt
  • Führen einer Besucherstatistik
  • Führen einer Veranstaltungsstatistik
  • Werbemedien mit mindestens 7 Nennungen
  • Führen eines Geschäftsverteilungsplans
  • Existenz eines Steuerberaters
  • Regelmäßige Durchführung von Dienstberatungen

An solchen Listen ist bemerkenswert, dass sie sich ganz vorwiegend auf Strukturen und Prozesse sowie auf die Kommunikation mit den Kunden bezieht. Immerhin ist Personalführung mit einem Unterpunkt vertreten. Wenn die Ziele sich darin erschöpfen, ist das in Ordnung. Aber die Zieldefinition in der Soziokultur war wie gesehen wesentlich inhaltlich. Mit dieser inhaltlichen Zielerfüllung beschäftigen sich allenfalls zwei von neun Kriterien, dies in einer Annäherung. Es sind dies ...

Wenn – wie ich hier argumentiere – die Professionalisierung sich vor allem daran ermessen sollte, ob es eine inhaltliche Eigenlogik gibt, dann müsste Professionalität sich mehr an inhaltlichen Kriterien messen. Sie müsste nicht nur aus einem Bild eines funktionierenden Betriebs entwickelt werden – das selbstverständlich auch, sondern sie müsste fragen, ob und wie soziokulturelle Ziele tatsächlich erreicht und gelebt werden.
Professionalität müsste sich messen an dem, was der Kriterienkatalog inhaltlich aufführt.
Unter „Mindeststandards" heißt es:
Eine Soziokulturelle Einrichtung vereinigt selbstorganisiert unterschiedliche Arbeitsbereiche, vor allem aus den Politikfeldern Kunst/Kultur, Jugend, Bildung, Soziales, Siedlungsentwicklung und Umwelt, unter ihrem Dach. Sie verfügt über ein ausformuliertes Leitbild und Selbstverständnis, das die strategische Verbindung dieser Arbeitsbereiche unter Verwendung des Programmbegriffs Soziokultur zum Ausdruck bringt. Dazu gehört, daß sie sowohl partizipations- als auch rezeptionsorientiert arbeitet, also Kurse und Kreativangebote vorhält, aber auch als Veranstalter auftritt.

Daraus ergeben sich die Professionalitätskriterien:

  • Programmstruktur
  • Leitbild
  • Besucher
  • Laien, die selbst tätig werden
  • politische Bezüge in den Programmen
  • adäquates Programm für die Zielgruppen

Im Zentrum ihrer Zielgruppenansprache steht vielmehr die Begegnung der Exponenten unterschiedlicher Generationen und Milieus, die generationsübergreifende Arbeit. Sie zielt im Sinne sozialer Kulturarbeit dabei nicht auf die Behebung von Defiziten einzelner NutzerInnen, sondern schafft zunächst Räume für deren mögliche Selbstverwirklichung, Bildung und Kommunikation.
Darauf bezogen stellen sich natürlich die Fragen ob die Begegnung zwischen Generationen und Milieus gelingt und auf welche Art und Weise die Selbstverwirklichung organisiert wird.

Unter gesellschaftspolitische Funktion heißt es:

Soziokulturelle Einrichtungen [...] stehen für eine politische Kultur, deren Kern der sich entfaltende Partizipations- und Gestaltungswille der Menschen in ihrem Lebensumfeld ist. Soziokulturelle Zentren fördern demokratische Aushandlungsprozesse und kulturelle Vielfalt durch Bildungs- und Sozialarbeit, die politisch aktuelle und gesellschaftlich relevante Themen und Probleme aufgreifen und gesellschaftskritische Lebensentwürfe konstruktiv einbringen.

In diesem Sinn sollte man schauen, wie sich diese Funktion im Programm widerspiegelt und danach fragen, was relevante Themen sind, wo sie diskutiert und dokumentiert werden etc.

Möchte man eine Professionalisierungsdiskussion in der Soziokultur führen, dann sollte sie an solchen Fragen ansetzen. Und sie muss Kriterien finden, an der sich die Professionalität der Betriebe ablesen und messen lässt (wenn sie quantifizierbar sind) oder an der sie diskutierbar wird (wenn solche Kriterien nur qualitativ formuliert werden können).

Die Grundsätze einer ordnungsgemäßen kaufmännischen Betriebsführung, wie sie in Management-Studiengängen gelernt werden, sollen dann auch noch sichergestellt sein, klar. Aber das reicht nicht, es ist nicht das, was Soziokultur ausmacht, sondern das, was jeder Betrieb, kulturell oder nicht, leisten muss.
Vor dem Hintergrund der Organisationsgeschichte der Soziokultur in den neuen Bundesländern sollte das ja auch kein Problem sein, weil die alte gegenkulturelle Skepsis gegenüber einem ordentlichen Betrieb nicht so in den Weg kommt wie das im Westen der Republik in der Soziokultur immer noch der Fall ist.

 

Kulturpolitische Aufgaben

Ein letzter Themenkreis ist aufzurufen: Wie stellt sich die Professionalisierung der Soziokultur im kulturpolitischen Kontext dar?

Soziokultur wird öffentlich gefördert. Sie hat privatwirtschaftliche Betriebsteile, Zweckbetriebe, sie verfolgt Förderzwecke. Der Selbsterwirtschaftungsgrad in der Soziokultur ist weitaus höher als in anderen Kultursparten oder Betrieben. Das hängt nicht damit zusammen, dass soziokulturelle Betriebe besser oder schlechter als andere Kultureinrichtungen sind, sondern mit dem spezifischen Mix an Aufgaben mandatiert ist – und sich selbst mandatiert hat.

Soziokultur wird Gegenstand öffentlicher Förderung bleiben, wenn sie die Ziele erfüllt, die öffentlich gewollt sind. Das ist nicht Entscheidung der Soziokultur, sondern der Kulturpolitik. Soziokultur kann nur alles tun, um weiter gewollt zu bleiben. Sie muss ordentlich wirtschaften, aber das die unterste Stufe.

Thema Meritorik
Es ist relativ leicht eine Prognose zu machen, dass es – selbst in dem kulturell vorbildlichen Bundesland Sachsen – Rückgänge geben müssen: Wo die Bevölkerung zurückgeht, gibt es weniger öffentliches Geld, wo es weniger öffentliches Geld gibt, gibt es weniger öffentliche Aufgaben etc. Also werden auch in Sachsen die Programme meritorischer Kulturförderung überprüft werden. Weitergefördert zu werden als Soziokultur bedeutet dann, dass man in seiner Zieldefinition und Zielerfüllung eine hervorragende Arbeit geleistet hat und dass man ordentlich gewirtschaftet hat. Sicher wird in diesen Diskussionen auch eine neue ordnungspolitische Sensibilität eine Rolle spielen. Es wird noch mehr überlegt werden: Was geht denn privatwirtschaftlich und was muss unbedingt öffentlich getan werden.
Meines Erachtens ist das Programm kulturpolitisch höchst relevant: der kulturellen Eigentätigkeit der Bevölkerung einen Rahmen zu geben. Das ist ihr Unterschiedspunkt.
Das zu geben in das Bild: Soziokultur muss gleichzeitig Gefäß und Inhalt sein. Dabei ist das Gefäß, der Möglichkeitsraum, perspektivisch wichtiger.

 

Gutes Management ist Pflicht

Soziokulturelle Ziele erfüllen ist Kür.

 

 

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