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Preis für Soziokulturelles Engagement 2012

Laudatio für das UNIKATUM Kindermuseum Leipzig

 

von Gudula KienemundBild: Gudula Kienemund
Geschäftsführerin der Leipziger KulturPaten gUG

 

Sehr geehrter Herr Lindner, lieber Herr Grahl,

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen,
Kulturschaffende und patenschaftlich Verbündete!

Liebe Anne Hänsel und bewundertes Team des Unikatum Kindermuseums!

 

Außerordentliches wird im Bereich der soziokulturellen Breitenarbeit geleistet, doch nur ein Bruchteil davon wird in der Öffentlichkeit wahrgenommen und  gewürdigt. Um beispielhafte soziokulturelle Vorhaben von überregionaler Bedeutung zu fördern und zu honorieren, verleiht die Landeskulturstiftung jetzt zum 3. Mal den „Sächsischen Preis für Soziokulturelles Engagement".

Mit diesem Preis sollen erfolgreiche fachliche Ansätze von Projekten und Initiativen gewürdigt werden, die Menschen mithilfe von Kunst  und Kultur aktivieren – und neue Kooperationsformen, Arbeitsfelder und Themen für die bürgernahe Kulturarbeit realisieren. Der Sächsische Preis für Soziokulturelles Engagement fördert bürgerschaftliche Initiative in den Bereichen Kultur, Soziales und Jugend.

Auch 2012 haben sich zahlreiche Institutionen um den Förderpreis beworben, so dass die Aufgabe, zwischen den allesamt äußerst ambitionierten und wegweisenden Projekten ein besonders förderungswürdiges Vorhaben auszuwählen, den Entscheidungsgremien der Landeskulturstiftung sicher nicht leicht fiel. Schließlich war es das UNIKATUM Kindermuseum in Leipzig, das durch die außergewöhnliche Hingabe der Gründer und Betreiber sowie ihr anspruchsvolles Konzept überzeugen konnte.
Ich freue mich ganz besonders, dass der Sächsische Preis für Soziokulturelles Engagement verbunden mit einem  Preisgeld in Höhe von 5000,- € heute dem UNIKATUM Kindermuseum zu Leipzig verliehen wird.

Ich bin ja mitverantwortlich für die Leipziger Kulturpaten, die praktische Patenschaften zwischen Wirtschaft und Kultur vermitteln und  selber Preisträger des Sächsischen Initiativpreises für Kunst und Kultur sind. Und eines unserer Patenprojekte, in diesem Fall in Sachen Arbeits- und Organisationsberatung durch das Unternehmen firm training und Seminare Leipzig, ist das Unikatum Kindermuseum.

Ich will nicht über das Preisgeld sprechen, Sie haben alle Erfahrung damit: 5000 sind manchmal nichts und manchmal alles. Doch dieser Preis ist ein großes Geschenk der Anerkennung und der Aufmerksamkeit. Das kann es gerade für und in der Soziokultur und bezüglich bürgerschaftlichen Engagements gar nicht genug und gar nicht oft genug geben. Das spendet auch ganz unpolitisch und schlicht Energie für die persönliche Herausforderung, der sich jemand wie du, Anne, von ganzem Herzen, zusammen mit deinem Partner, deiner Familie  und deinem Team stellst.

Die selbstständige Grafikerin und Ausstellungsgestalterin Annegret Hänsel gründete 2010 mit einem zur Hälfte selbstfinanzierten Startkapital sowie vielen ehrenamtlichen Unterstützern dieses Kindermuseum. Es war ihr Traum und erklärtes Ziel, durch unkonventionell gestaltete Ausstellungsräume komplexe gesellschaftliche Themen so zu gestalten, dass sie einem  breiten Publikum und schon den Kleinsten zugänglich werden. Wenn Sie als Unternehmerin so ein Riesenprojekt nebenberuflich, auf eigenes Risiko starten, brauchen Sie außer dem erstklassigen KnowHow, dass du, Anne, als Profi der naturwissenschaftlichen Vermittlung und Illustration ja mitbringst, auch Feuer und Biss. Du bist eine Überzeugungstäterin, sonst gäbe es das Kindermuseum nicht!

Das Konzept Kindermuseum ist allerdings ein Riesenspaß und ich bedaure außerordentlich, dass es das Unikatum noch nicht gab, als meine eigenen Kinder in dem Alter waren. "Hands on" heißt das weltweite Prinzip: Anfassen, begreifen, ein Thema durchdringen mit Kinderaugen und -ohren, allen anderen Sinnen und Kinderklugheit. Das ist immer eine Entdeckungsreise und ergibt ganz besondere Lern- und Spielorte. In Europa machen uns das im großen Stil Großbritannien und Österreich vor. Wenn Sie hier in Deutschland mehr als museumspädagogische Funken möchten, finden Sie eher kleinere Initiativen wie das Kindermuseum einer Medizinerfamilie mit dem begehbaren Herzen in Fulda oder den alten Kaufladen im Berliner MachMitMuseum am Prenzlauer Berg.

Das UNIKATUM ist jetzt auch eine solch seltene Schatzkiste der komplexen und abstrakten Themen: Geld, Glauben, Zeit – machen Sie  dazu mal Ausstellungen für Kinder zwischen 2 und 16 Jahren! „Ach du liebe Zeit!" denken Sie vielleicht und da haben Sie gleich den Titel  der aktuellen Ausstellung, in der Sie zum Beispiel das laute Ticken einer strengen Uhr 2 Minuten lang abwarten müssen für einen einzigen Schokoladengoldtaler. Mit welcher Hingabe eine erst Dreijährige diese bewusste Zeit- und Gedulderfahrung erlebt, den Wert hinterfragt  und den Gedanken von Zeit als Geld im Sprichwort bewusst aufheben oder fallen lassen kann, habe ich selbst mit großem Vergnügen beobachtet.
Das Kindermuseum ist eine wundervolle Spielwiese, auf der die Philosophen, Künstler und Wissenschaftler  in allen Besuchern sich austoben können.

Die Mitmachausstellungen im Unikatum beschränken sich dabei nicht allein auf das ‚Hands-on'-Prinzip.

  • In der Sommerwerkstatt 2011 erarbeiteten und gestalteten Leipziger Schülerinnen und Schüler beispielsweise im Vorfeld der Ausstellung „Oh Gott" eigene Stationen, u.a. mit sehr cleveren und witzigen Straßeninterviews zum Thema Glauben.
  • Mit dem Projekt „KIMU-Botschafterinnen" qualifizierten sich junge Mütter zum Wiedereinstieg ins Berufsleben nach ihrer Elternzeit.
    Die Projektteilnehmerinnen erwarben Medienfähigkeiten und erarbeiteten eigene pädagogische Ansätze. In der Folge wurde ein dreistündiges Programm, basierend auf der Sonderausstellung des Eröffnungsjahres, entwickelt, das als Bildungsinstrument an Leipziger Grundschulen von den KIMU-Botschafterinnen präsentiert werden kann. Auf diese Weise konnte einerseits das Personal des Museums verstärkt werden, andererseits ermöglichte es den Botschafterinnen, nach dem Erziehungsurlaub konkrete berufliche Ziele weiter zu verfolgen.

Dass dieser ganzheitliche und vernetzende Ansatz von anhaltendem Erfolg ist, zeigen ganz besonders die Besucherzahlen des kleinen Museums in der Zschocherschen Straße: Trotz einer Ausstellungsfläche von nur 100 m² kam die Einrichtung im Jahr 2011 auf eine Publikumszahl von 8.000 Besuchern. Zu der breit gefächerten Zielgruppe gehören nicht nur Kindergruppen aus Kindergärten und Schulen, sondern Familien mit sehr unterschiedlichem Bildungsstand. Stets sind mehrere Generationen einbezogen. Immer öfter gehören auch Besucherinnen und Besucher ganz ohne Kinder zur Klientel: Studenten und Berufsschüler, die sich von der Interaktivität und Ausstellungsgestaltung angesprochen fühlen.

Das besondere Konzept des Kindermuseums stellte sich jedoch auch als ein besonderes Hindernis heraus. Da ein Museum per definitionem noch immer nur dann als solches anerkannt wird, wenn es sich den klassischen Aufgaben eines Museums widmet – dem Sammeln und Bewahren von Exponaten – kann das Kindermuseum nicht auf herkömmliche Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen. Das Kernanliegen des Museums – die Wissensvermittlung durch Hands-on-Prinzip – ergibt nur eine geringe Schnittmenge mit den landläufigen Förderkriterien.

Um das Museum kostendeckend betreiben zu können, müssen Personalkosten auf ein Minimum reduziert werden. Von den bis zu 36 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im Zeitraum 2011/2012 im Museum beschäftigt waren, arbeitete der überwältigende Großteil auf ehrenamtlicher Basis. Nur so konnte gewährleistet werden, dass überhaupt die Öffnungszeiten (ganz zu schweigen von den  pädagogischen Angeboten und dem Cafébetrieb) realisiert werden konnten.

So etwas Einzigartiges in der Leipziger Kunst- und Bildungslandschaft hat seinen Wert.
Die Kulturstiftung ist davon überzeugt, dass mit dem UNIKATUM Kindermuseum ein unbezahlbarer Beitrag zur Bildungslandschaft Sachsens geleistet wird, den es mit seiner Breitenwirkung und thematischen Vielfalt unbedingt zu erhalten gilt.

Liebe Anne, dir persönlich, dem Kindermuseum und seinen Mitgestalterinnen und -gestaltern sowie den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern für die Zukunft weiter so viel kreative Energie und Erfolg!

und herzlichen Glückwunsch zum Sächsischen Preis für Soziokulturelles Engagement 2012

Fachtag 2012 14 

 
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Fachtag 2012 - Workshop 3

Kulturelle Bildung - Mehr wert oder Mehrwert?

 Bild zum Workshop "Kulturelle Bildung - Mehr wert oder Mehrwert?" (Veranstaltungsmanagement Fachtag: Kathrin Weigel)

 

Im Workshop „Kulturelle Bildung – Mehr wert oder Mehrwert?" gingen die Referenten Sandra Böttcher und Oliver Reiner gemeinsam mit den Teilnehmern den Fragen auf den Grund, wie kulturelle Bildung zu definieren sei, welche Ziele sie anstrebt, welche Zielgruppe erreicht werden soll, was sie leisten kann und ob sich ein einheitliches Modell für kulturelle Bildung entwickeln lässt.

Nach einem regen Meinungsaustausch war man sich darüber einig, dass man sich dem Begriff der kulturellen Bildung von vielen Richtungen her annähern kann, eine einheitliche Definition jedoch kaum möglich ist. Im Sinne des „lebenslangen Lernens" lässt sich die Zielgruppe kultureller Bildung altersmäßig kaum begrenzen. Die wichtigste Zielgruppe kultureller Bildung sind Kinder und Jugendliche. Um mehr Kinder und Jugendliche zu erreichen, ist zum einen generationsübergreifendes Arbeiten nötig, um die Familien stärker mit einzubeziehen. Das Elternhaus als primäre Instanz zur Vermittlung kultureller Bildung wurde bislang in der allgemeinen Debatte zu wenig berücksichtigt. Zum anderen sind mehr Kooperationen zwischen Schulen und außerschulischen Bildungseinrichtungen zu initiieren. Es wurde die Problematik angesprochen, dass bestimmte Förderprogramme nur für sozialpädagogische Arbeit mit Jugendlichen unter 18 Jahren gelten und ältere Jugendliche deshalb aus vielen Projekten ausgeschlossen werden müssen. Dies widerspricht jedoch dem Ansatz des lebenslangen Lernens. Durch den Erfahrungsaustausch der Teilnehmer wurde deutlich, dass die Art und Weise der Kulturvermittlung zu Bildungszwecken sehr verschiedenartig sein kann und immer spezifisch auf die Gegebenheiten der bestimmten Region und deren Bevölkerung abgestimmt werden muss. So wird zum Beispiel im Dreiländereck Deutschland – Tschechien – Polen kulturelle Bildung immer auch stark interkulturelle Ansätze und Methoden verfolgen.

Auch wenn das Thema mehr Gesprächsstoff bot als im Workshop behandelt werden konnte, so wurde doch eines klar: „Bei kultureller Arbeit geht es nicht darum Künstler auszubilden, sondern Menschen die Möglichkeit zu bieten, selbständig ihre Interessen zu verfolgen und sich zu entwickeln." Der Mehrwert kultureller Bildung liegt vor allem in der Vielseitigkeit mit der sie Persönlichkeitsentwicklung unterstützt und Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen anregt.

 

Referenten:

Sandra Böttcher: Bildungsreferentin Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen e.V.

Oliver Reiner: Geschäftsführer LeiSA gmbH Leipzig/ „Die VILLA"

 

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